Irritierende Bannerwerbung

Dieser Tage schaue ich viel Bannerwerbung, Häshtäg Fußball-Europameisterschaft der Herren. Bei der Europameisterschaft spielen naturgemäß Teams aus Europa, und logischerweise schauen vornehmlich Europäer zu. Unnötig zu erwähnen, und doch bannert da Werbung für Alipay (gehört zum chinesischen Alibaba-Konzern), eine Über-App mit unzähligen Einzelfunktionen, die an einigen Stellen aber nicht einmal Englisch spricht.

Ein aktueller Screenshot aus der App. Für mich wenig einladend.

Später Werbung für ein Unternehmen namens Worldfirst [chinesische Schriftzeichen]. Was das wohl ist? Als nächstes: Hisense [chinesische Schriftzeichen] 5G [chinesische Schriftzeichen]. Muss etwas mit mobilem Datennetz zu tun haben. Aber wie groß ist bitte die Zahl der Menschen in Europa, die das lesen können? Es folgen AliExpress sowie eine dritte Untermarke von Alibaba. Die bekamen sicher Mengenrabatt.

Ich beginne mich zu fragen, weshalb teilweise unverständliche Werbung gebucht wird. Das ist doch Geldverschwendung? Diejenige für die chinesische Automarke BYD wirkt vor dem Hintergrund des gerade beginnenden Handelsstreits mit China wie ein Seitenhieb auf die deutsche Politik. Ob es etwas zu bedeuten hat, dass deutsche Automarken keine Bannerwerbung schalten? Mit der Tourismuswerbung für Katar tut sich endlich geographisch was, hinfliegen soll man übrigens mit Qatar Airways. Dazwischen ein paar Unternehmen, die mir nichts sagen, die meisten schlage ich nicht nach, aber es ist eine für Sportwetten dabei. Für mich die erste wirklich nachvollziehbare Werbung.

Gerade, als die Banner mich verlieren und ich Gefahr laufe, wieder dem Ball zu folgen, steht da plötzlich Wiesenhof. Now we‘re talking! Deren Fleisch ist bestimmt auch in Gegenden Europas beliebt, die kulinarisch nichts Eigenes zu bieten haben, wie beispielsweise Frankreich, Spanien oder Italien. Schier unfassbar, dass die Retourkutschenstrafzölle Chinas nun ausgerechnet Fleisch treffen werden. Gleich danach meldet sich mit ERGO eine Versicherung, auch sehr beliebt hier in Deutschland. Strauss Workwear richtet sich mit seiner Arbeitskleidung an eine verblüffend spitze Zielgruppe, aber die werden schon wissen, was sie tun. Zuletzt schweben Fleischwurst (natürlich) und Kiwis über die Banner, was sich LIDL bei dieser Auswahl wohl gedacht haben mag! Bei einer rein nationalen Bundesliga würde ich statt Südfrüchten jedenfalls Kartoffeln erwarten.

Zu Beginn der Pause mache ich große Augen: Learn CPR now! Absolut vorbildlich, dass sich da jemand für Herz-Lungen-Wiederbelebung einsetzt! Stellt sich raus: Diese Banner sind von der UEFA selbst geschaltet, und das macht die Werbung mit einem Schlag total unsympathisch, naja, vielleicht wollte Coca-Cola für den Slot nicht genug bezahlen (die sind nämlich Werbepartner, aber als einzige nicht auf den Bannern vertreten).

UEFAs Get-trained.com ist am Ende zweifellos der sinnvollste Beitrag. Irritierend, ich sagte es ja… Oh, Abpriff.


Nachtrag vom 20.6.: Mehrere Hinweise auf Mastodon haben meine Verwirrung eingeordnet. Wir sehen in Deutschland nämlich virtuelle Bandenwerbung, die also fürs Fernsehen und die Ausspielregion angepasst wird. Dieser Artikel beim Deutschlandfunk erklärt das: https://www.deutschlandfunk.de/em-2024-virtuelle-werbung-bandenwerbung-100.html

2 Kommentare

    1. Danke dir! Bei Fußball raus zu sein ist zweifellos die beste Methode, mit dem ganzen Gewese umzugehen. Für mich hat es etwas sommerlich-urlaubiges, wenn Fußball läuft (es kann auch Olympia sein, ich bin da nicht wählerisch), das Fenster ist offen, ich wusele in der Bude und schaue ab und zu mal hin. Weniger aufregen würde ich mich zwar bei einer Doku, aber da fiele dann auch keine launige Beobachtung bei heraus.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert