Copy & Paste: Nahverkehr im ICE

Carsten hat eine zweite Geschichte aus der Kategorie „Einmalige Erlebnisse“ geschickt, Danke dafür! Diese ist etwas delikat – und wie immer herrlich geschrieben. Los geht’s!

Die nachfolgende Geschichte gehört in die Reihe „Einmalige Erlebnisse“, zu der Tom in seinem Blog aufgerufen hat und beendet die Serie hier gleichzeitig, so fern bei zwei Folgen von einer Serie die Rede sein kann. Außerdem fällt sie etwas aus dem Rahmen dieses Blogs, da sie weder alltäglich ist – vermute ich jedenfalls – noch ausgedacht. Liebe Kinder, die nachfolgenden Zeilen sind für eure noch zarten Seelen nicht geeignet, bitte klickt weiter zu Youporn oder geht meinetwegen eure Eltern nerven. Liebe Moralmahner jedes Alters, bitte ersparen Sie sich und mir jegliche Kommentare im Sinne von „wie kann man nur“ und ähnlichen Fingerzeigen. Danke.

Es ist schon einige Jahre her. Auf dem Rückweg von einer Dienstreise saß ich im ICE von Berlin nach Köln, als in Hannover ein junger Mann auf dem freien Sitz neben mir Platz nahm. Ich musterte ihn kurz aus den Augenwinkeln, so wie ich es immer mache, wenn sich jemand neben mich setzt, eine dumme Angewohnheit, ordnete ihn in die Kategorie ‚optisch ganz nett‘ ein und widmete mich weiter der Lektüre meiner Psycho-Zeitschrift. Nach einigen Minuten glaubte ich in ebendiesen Augenwinkeln etwas zu vernehmen, was in einschlägigen Kölner Spelunken als Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes zu interpretieren gewesen wäre: der Kerl rieb sich durch die Hose seine innere Lendengegend und schaute immer wieder zu mir herüber, was ich so gut es ging zu ignorieren versuchte. Dennoch weckte sein Tun mein Interesse. Nicht, dass ich vorgehabt hätte, es ihm gleich zu tun, zumal wir alles andere als alleine im Zug waren, aber ich wollte doch wissen, wie weit er geht.

Kurz vor Bielefeld sprach er mich an; was er genau sagte, ist mir nicht mehr erinnerlich. Klar war indes, er war sehr interessiert an mir, und so kamen wir ins Gespräch, wobei er immer wieder versuchte, das Spiel seiner Hände auf meine Hose auszuweiten, was ich angesichts der nebenan sitzenden Fahrgäste abzuwehren versuchte, doch er gab nicht auf. Auch entbehrte es nicht eines gewissen Reizes, was zu leugnen eine infame Lüge wäre. Mein reizender Sitznachbar erzählte mir, er bestreite seinen Lebensunterhalt mit der Erbringung unterleibserfreuender Dienstleistungen (so drückte er es natürlich nicht aus, aber ich weiß nicht, ob bei blog.de das Wort ‚Stricher‘ gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstößt) und nun sei er auf der Suche nach neuen Jagdgründen.

„Lass uns auf die Toilette gehen“, flüsterte er mir zwischen Bielefeld und Hamm zu und versenkte seine Hand in meiner Hose. „Du spinnst wohl“, entgegnete ich und zog seine Hand mit einer Mischung aus Empörung und Erbauung wieder heraus, mit bangem Blick zum Sitznachbarn jenseits des Ganges, der jedoch so tat, als bekäme er nichts mit, was kaum vorstellbar ist, sicher hatte er abends seinen Lieben daheim eine lustige Geschichte zu erzählen. Dieses Spielchen zog sich bis Wuppertal hin, „Los, komm!“ – „Nein! Lass das!! (Mach weiter…)“

Ich weiß nicht mehr, ob die Triebhaftigkeit irgendwann die Vernunft besiegte oder ob der in Aussicht gestellte Entgeltverzicht den Ausschlag gab, wahrscheinlich die Kombination aus beiden, in Hagen hatte er mich jedenfalls so weit und wir verschwanden aufs Klo. Hier muss ich den Leser aus Gründen des Anstandes leider vor der Tür stehen lassen und ihm das rote Besetzt-Schildchen weisen; was jenseits der Tür geschah, überlasse ich seiner Phantasie, so ganz falsch wird er damit nicht liegen.

In Köln angekommen, rauchten wir auf dem Bahnsteig noch die Zigarette danach, dann trennten sich unsere Wege – ich nahm den Zug nach Bonn, er wurde wohl Teil der Subkultur einschlägiger Etablissements. Wiedergesehen habe ich ihn nicht mehr, zumal ich bislang kein zahlungsbereiter Kunde seines Gewerbes bin. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, auch ich werde nicht jünger; auch kann ich nichts verwerfliches daran erkennen. Die Erkenntnis aus dieser Begegnung: Manchmal überrascht das Leben mit Geschichten, die man eher der Phantasie eines mittelmäßig begabten Pornodrehbuchausdenkers zurechnen würde.

Schlusswort für heute: Lieber W., wo immer du auch bist, was immer du tust, ich hoffe, es geht dir gut! Und sollte dem Satz „Man begegnet sich im Leben immer zweimal“ Wahrhaftigkeit innewohnen, so wäre das nicht das schlechteste.

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