Neulich im Methodisch inkorrekt-Podcast: Batterien zum Selbstbefüllen, der Stand der aktuellen Juckreiz-Forschung und die Lektion, wie man eine Weinflasche nur mit Hilfe eines Schuhs öffnen kann.
Lernte heute, wie man einen Korken ohne Korkenzieher nur mit einem Schuh und einer Wand aus der Flasche holt. Kann es aber nicht wiederholen.
– Thomas (@schreiblehrling), 25. November 2014
Hier nun doch ein Text dazu – das Thema hat mich irgendwie nicht losgelassen. Voraussetzungen für diesen irren Versuch sind, dass (a) die Flasche einen Korken hat, (b) man ihn nicht einfach IN die Flasche drücken möchte, (c) jemand einen Schuh zur Verfügung stellt, (d) irgendeine möglichst nicht frisch weiß gestrichene Wand benutzbar ist und (e) natürlich kein Korkenzieher zur Hand ist – denn sonst wäre das ganze Unterfangen mehr oder weniger sinnlos und zeitraubend, und wer will das schon, schließlich geht es ja hauptsächlich um den Inhalt der Flasche und nicht um den Öffnungsprozess.
So viel zur Versuchsanordnung und zur gleichzeitigen Beschreibung der Situation im wirklichen Leben: Es handelt sich offenbar um eine Party, bei der zwar gerne Alkohol konsumiert wird, aber keiner, der in edel verschlossenen Korkenflaschen serviert wird, Stichwort Kronkorken oder noch schlimmer, Drehverschluss. Wir befinden uns also in einer Studentenwohnung, vielleicht sogar einer Wohngemeinschaft, auf jeden Fall nur mit der notwendigen Ausstattung von den Eltern, und natürlich dachte niemand beim Umzug an Flaschenöffner, gut also, dass jemand raucht und sein Feuerzeug bereitwillig herumreicht, aber an echten Korken beißt man sich nun mal die Zähne aus – keinesfalls findet diese Situation also in einem regulär ausgestatteten Standard-Haushalt statt.
Am besten wäre es noch, wenn der Schuh, der von einer oder einem Freiwilligen zur Verfügung gestellt wird, möglichst wenig gefedert ist, Turnschuhe eignen sich also nicht so gut und hinterlassen auch an der Wand nicht so schöne Abdrücke wie zum Beispiel ein echter Church’s.
Abdrücke an der Wand? Ganz genau. Denn die Flasche wird im Schuh in die Ferse gestellt und schaut dann daraus hinaus wie ein Bein. Dann nimmt man den Schuh samt Flasche und hält ihn mit der Sohle an die Wand – die Flasche »steht« damit also im Schuh senkrecht zur Wand, der Wein denkt, man hätte die Flasche hingelegt. Die Luftblase schwebt natürlich nach oben. Und dann: Mit dem Schuh auf die Wand klopfen! Zum Glück gibt es dazu ein Video der Podcast-Macher:
Die schwierige Frage ist: Was genau geschieht denn dabei? Und: Was sind das für kleine Bläschen? Geht das mit jedem Wein? Was ist mit Sekt? Geht der Schuh dabei kaputt? Hält die Flasche das aus? Und warum liegt hier Stroh rum?
Nun versuche ich also, die Erklärung mit meinen Worten wiederzugeben: Der Wein samt Schuh wird von der Wand weg bewegt und danach schnell wieder auf die Wand zu. Slowmotion. In diesem Moment schwappt der Wein in den Flaschenhals, weil er träge ist. Die Luftblase wird dadurch in den Flaschenboden gedrückt. Sobald der Schuh die Wand trifft, wird die Flüssigkeit, die nun endlich auch Fahrt aufgenommen hat, in Richtung der Wand gepresst. Pause. Auch der Wein im Flaschenhals will dort weg, allerdings gibt es nichts, was sich stattdessen dorthin bewegen könnte. Die Luft ist noch am Boden der Flasche, neue Luft kann wegen des Korkens nicht nachströmen.
Das physikalische Phänomen in diesem Moment heißt Kavitationserosion: Der Wein bewegt sich aus dem Hals der Flasche weg, durch den Unterdruck erhitzt er sich und es bilden sich winzige Bläschen, die im Video auch wunderbar zu erkennen sind. »Diese Dampfblasen […] führen beim Zusammenfall zu starken örtlichen Druckschlägen.« (Wikipedia) Im Flaschenhals bildet sich also plötzlich ein Überdruck.
Und damit ist das Problem gelöst! Jetzt einfach die Flasche einige Male im Schuh gegen die Wand stoßen und der Korken sollte sich aus dem Hals so weit heraus bewegen, dass man ihn herausziehen kann. Alle übrigen Fragen sollten sich damit auch selbst beantworten: Es geht mit jedem Wein, jedoch ist es wenig ratsam, es mit Perlwein zu versuchen, da kommt einem der Korken ja schon fast von selbst entgegen…
Und damit hätten wir wieder ein Thema mehr auf der langen Liste der Partyweisheiten, die man nie, nie, NIE brauchen wird!
Allen, die es trotzdem noch genauer wissen wollen, empfehle ich natürlich den Podcast »Methodisch inkorrekt«. Dort wird das Thema ab 1:25:38 h besser erklärt, als ich es je könnte.
EDIT: Um Weihnachten war ich plötzlich in der Situation, mit Weinflasche und ohne Öffner dazustehen. Also probierte ich es aus, mit einem Schuh an der Hotelzimmerwand. Leider gab die Flasche seltsame Knackgeräusche von sich, so dass ich es nicht bis zum Ende durchzog. Die Bläschen waren aber sichtbar! Wenn ich mich getraut hätte… vielleicht hätte es geklappt! So blieb nur der Weg zum Souvenirshop, um einen Korkenzieher zu erstehen.