Eine kleine Reise in die eigene Vergangenheit

Kürzlich erhielt ich eine Überraschung ins E-Mail-Postfach: 45 Minuten Audioaufnahmen, die ich in meiner Kindheit gemacht habe. Das Mikro knistert, übersteuert auch manchmal. Ich singe irgendwelche Party-Ohrwürmer und tue so, als hätte ich sie mir selbst ausgedacht – gebe aber sofort zu, dass das eigentlich gar nicht stimmt. Außerdem lese ich alles vor, was ich sehe.

Mit anderen Worten: Das sind völlig belanglose Aufnahmen, manchmal sogar mit Fremdschäm-Faktor.

Aber ich liebe sie.

Denn sie zeigen mir mich selbst, bevor das Leben begann, Ansprüche an mich zu stellen. Damals hatte ich noch nicht all die Probleme, die mit dem Älterwerden kommen. Ich wusste noch nicht, wie fies eine Pubertät sein kann.

In der Zeit war mein Leben wirklich unbeschwert, und das hört man diesen Aufnahmen an. Es war ein Sonntag und ich hatte ganz offensichtlich nichts besseres zu tun als auf dem Sofa herumzulümmeln und unsinniges Zeug zu brabbeln.

Ich hörte die Aufnahmen bei einem Spaziergang und war einige Male kurz davor, einen Teil zu überspringen. Meinem früheren Ich zuzuhören war mir teilweise richtig peinlich. Ich zog es aber durch, denn ab und zu musste ich über beiläufige Kommentare richtig lachen. Ein paar Mal summte ich zu meiner Aufnahme und sang also zusammen mit meinem gut 30 Jahre jüngeren Selbst.

Ganz am Ende der Aufnahme wurde ich dann noch mit einem Ausblick auf die Zukunft belohnt: Während ich vor dem Mikro stand, versuchte eine Person, vor dem Fenster ein Auto einzuparken. Es klappte nicht auf Anhieb und ich kommentierte das süffisant. Hier haben wir also den Beweis: Ich werde eines Tages ein toller Fensterrentner.


Bild von Ratfink1973 auf Pixabay

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