Beerdigungen sind ohne Frage sehr traurige Veranstaltungen. Man hat einen Verwandten oder Freund verloren und es ist Zeit, Abschied zu nehmen, obwohl man sich manchmal dafür noch gar nicht bereit fühlt. Trotzdem finde ich nicht, dass das ein Thema ist, mit dem man sich nicht auseinandersetzen sollte oder darf. Wer das anders sieht, liest bitte nicht weiter!
Vielleicht passieren gerade wegen der auf der einen Seite traurigen, auf der anderen aber manchmal ja auch durchaus befreienden Situation – nach meiner Erfahrung jedenfalls – bei Beerdigungen ab und zu seltsame Dinge.
Ein Mal zum Beispiel kamen wir auf dem Weg in einen so schlimmen Stau, dass wir über eine halbe Stunde zu spät kamen. Da bei der Beerdigung nur an die zwanzig Personen anwesend waren, störten wir natürlich massiv die Zeremonie, was schon sehr peinlich war. Bei jeder alltäglichen Verabredung wäre eine solche Verspätung bei einem langen Anreiseweg leicht zu entschuldigen gewesen, aber hier wollten wir alle einfach nur im Boden versinnken.
Vor meiner ersten Teilnahme an einer Beerdigung wurde ich darauf hingewiesen, dass gerade in einer andächtigen und nachdenklichen Situation schon mal ein Lachanfall die Folge sein kann. Als wir dann später bei der Zeremonie ins Gebet versunken still herumstanden und niemand etwas sagte, sah ich, wie sich eine kleine Spinne an ihrem Faden abseilte und sich auf der Schulter der Dame vor mir niederließ. In dem Moment hätte ich gerne gelacht, riss mich aber am Riemen. Lachen ist ja ohnehin völlig verboten bei solchen Anlässen. Erst, wenn Erde drauf ist.
Eine Beerdigung werde ich aber ganz besonders in Erinnerung behalten: Wir wollten mit sechs Leuten anreisen, hatten uns also extra ein Auto mit mehr Sitzplätzen geliehen. Genau auf dem Köln-Heumarer Autobahndreieck mit sechs Spuren passierte es dann: Jemand im Auto neben uns gestikulierte etwas wie „da ist was mit Ihrem Reifen“. Ich hielt auf dem Standstreifen, auf dem auch schon ein Laster herumstand, und wir schauten uns die Situation an. Einer der Reifen war tatsächlich platt.
Hier waren wir also. Ein fremdes Auto, Zeitdruck, ein platter Reifen und unter uns zwei frisch Operierte. Wir hatten zwar den Eigentümer einer Autowerkstatt im Auto, also sozusagen den Fachmann schlechthin, aber er kam frisch aus dem Krankenhaus und konnte nur mit Gehhilfen laufen. Zu allem Überfluss hielt wenige Augenblicke später ein Streifenwagen hinter uns und die Polizisten fragten mich, was denn das Problem sei. Während ich die Situation erklärte, machte ich geistesgegenwärtig den Kofferraum auf: „Wir sind hier leider mit einem Platten gestrandet. Das ist nicht unser Auto und wir sind auf dem Weg zu einer Beerdigung.“ Abschätzende Blicke der Polizisten auf unsere Gruppe, wir waren ja alle in schwarz gekleidet. „Leider haben wir auch zwei Kranke dabei.“ Blicke in den Kofferraum, dort lagen als erstes die Gehhilfen, danach kam ein Rollstuhl.
Was dann passierte, war wirklich ehrenhaft: Die Polizisten machten kurzen Prozess und wechselten uns den Reifen! Unser Werkstattbesitzer konnte sich zwar nicht aus dem Auto bewegen, gab aber Tipps und Erklärungen ab, während ich… ja, ich machte Fotos. Nachdem die beiden staatlichen Helden uns das Auto wieder fahrbereit vom Wagenheber gelassen hatten, fuhren wir weiter und verpassten sogar nur die Hälfte der Zeremonie in der Kirche. Dort sang man gerade die letzten Zeilen eines Liedes, von uns nur durch das regelmäßige Klack-Klack der Gehhilfen und das Quiiietsch-Quiiietsch des Rollstuhls gestört. So hatten wir beim anschließenden gemeinsamen Essen wenigstens eine spannende Geschichte zu erzählen.