Ob man spirituell denkt oder nicht, ob man ihn feiert oder nicht, so ein Jahreswechsel ist was Besonderes. Ein Umblättern, ein Neustart, ein Zurück zum Anfang. Und trotzdem wachen wir am Ersten des neuen Jahres auf und haben die gleichen Probleme, die gleichen Sorgen – aber wir gehen eben auch mit neuem Wissen und neuen Erfahrungen in das nächste Jahr. Also rein in die Tretmühle, den Jahreskalender aufgehängt und los geht’s.
Ich gehe gleich am 2. Januar wieder arbeiten, wobei an dem Tag noch von zu Hause, ein äußerst entspannter Start. Die meisten Menschen sind wohl noch im Urlaub. Ich arbeite alle in meinen freien Tagen eingegangenen E-Mails ab, bin pünktlich zum Feierabend damit fertig und frage mich kurz, ob ich jetzt wieder Ferien haben kann. Was ich da noch nicht weiß: Die Woche wird so gemütlich weiter gehen, es ist beruflich ein wirklich angenehmer Beginn ins neue Jahr.
Bald kommen dann auch die, sagen wir mal, „nachträglich spontan selbst gemachten Weihnachtsgeschenke“ und ich sitze wie ein Kind umringt von Pappschachteln auf dem Teppich im Wohnzimmer und packe eifrig neue Lautsprecher aus. Angenehmen Wumms haben sie, und fügen sich gut ins bestehende Setup ein.
Die Tage gehen wir einmal ganz besonders essen: In ein American Diner, das Miss Pepper. Für die richtige Atmosphäre sorgen unter anderem eine lebensgroße Elvis-Statue, ein alter US-Briefkasten und allerlei Objekte, die man an einer Tankstelle finden könnte. Die weiblichen Bedienungen tragen Petticoat. Ich vermisse lediglich die klischeehafte, rauchende Dame mit der Kanne Filterkaffee und die klebrigen Tische. Die Burger sind lecker, wenn auch nichts besonderes, und ich fühle mich kurz wie in einem US-amerikanischen Roadmovie. Ein Selfie vor der riesigen Freiheitsstatue auf dem Parkplatz muss natürlich auch sein.
In den vergangenen Monaten hatte ich zu starke Rückenschmerzen, um länger vor der PlayStation sitzen zu können. Im Januar hat’s aber endlich mal wieder geklappt und ich verbringe ein-zwei Stündchen mit Assassins Creed Origins. Das Spiel kam schon 2017 raus und das Alter sieht man ihm inzwischen an – aber es ist immer noch meine Lieblingsepisode aus der Reihe. Wenn die Speicherstände nicht lügen, beginne ich den vierten Durchgang und es fühlt sich ein wenig wie „nach Hause kommen“ an:
Ansonsten geht’s im Januar bei mir leider viel um Krankheiten. Meine Augen mögen nicht mehr fokussieren und sind schnell angestrengt, stellt sich raus: die sind viel zu trocken. Ich werde also jetzt Master im Augentropfen. Außerdem erhalte ich ein Antidepressivum und nehme fast alle in der Packungsbeilage aufgeführten, anfänglichen Nebenwirkungen mit, meine Güte, völlig übertrieben, das alles. Ich las übrigens bisher nur Positives über das neue elektronische Rezept und reihe mich da ein: Es funktioniert auf Anhieb und ohne Probleme, ich bin recht begeistert.
Und dann schneit es und hört gar nicht mehr auf. Plötzlich fahren sie in den Straßen Schlitten, überall stehen Schneefiguren herum, das Leben im Dörfchen steht ein paar Tage fast still. Und still ist das richtige Wort, denn der Schnee dämpft so herrlich die Geräusche. Beim Spazieren steil bergauf im Wald höre ich nur das beruhigende Knirschen unter meinen Schuhen und mein Schnaufen. Stehe ich still, ist da einfach gar kein Ton, kein Vogelzwitschern, kein Auto, nichts. Ab und zu fällt irgendwo etwas Schnee von einem Ast auf den Boden, das ist alles. Ungemein entspannend.
Im Online-Testcenter für den Einbürgerungstest werden übrigens lustige Fragen gestellt. Eine lautet Die Wahlen in Deutschland sind: a) speziell, b) geheim, c) berufsbezogen, d) geschlechtsabhängig und da fällt es schwer, die eine richtige Antwort zu finden. Der Test läuft ab wie der für den Führerschein: Aus einem Pool von über 300 Fragen werden knapp 30 gestellt, von denen müssen 17 richtig beantwortet werden. Die Fragen sind fast alle durch logisches Denken zu lösen. Wer fließend Deutsch spricht, hat damit also kein Problem, für alle anderen ist es eher ein Vokabeltest.
Gelesen und gehört
Bücher lese ich wie berichtet fast nur digital. Eines habe ich aber auf Papier bestellt (beim fiesen eBay, musste dafür extra einen neuen Account anlegen): „American Bar. The Artistry of Mixing Drinks“ von Charles Schumann, ein Lehrbuch zum Cocktailmixen, von dem ich bei der Kaltmamsell las. Das Buch hat dicke, fast plastikartige Seiten, die sicher gut abwaschbar sind. Smart. Jetzt muss ich es nur noch lesen und „durcharbeiten“. Prost.
„Wir hätten uns alles gesagt“ von Judith Hermann höre ich als Hörbuch, vorgelesen von der Autorin selbst. Das Buch ist für mich eine Enttäuschung, ich komme leider überhaupt nicht in die Geschichte rein und verstehe bis zum Ende nicht, weshalb Frau Hermann mir unzusammenhängende Teile ihrer (?) Lebensgeschichte erzählt bzw. ich mir diese anhören soll. Ich warte die ganze Zeit auf den alles zusammenbindenden Plottwist, aber der kommt nicht. Ich vermute stark, dass es an meiner Aufmerksamkeit liegt, denn ich gehe dabei die meiste Zeit spazieren, oder daran, dass ich ihre Art zu lesen zwischenzeitlich recht ablenkend finde. Vielleicht hätte ich es lieber selbst lesen sollen. Schade.
„Alte Sorten“ von Ewald Arenz höre ich auch als Hörbuch und habe bei der Sprecherin Sabine Arnhold ständig eine Schauspielerin mit Locken vor meinem inneren Auge, die sie wohl mal synchronisiert hat, deren Namen ich aber nicht herausfinden kann. Sie passt gut, ihre Stimme bringt die junge Protagonistin und ihren Ärger auf die Menschen in dieser Welt ganz hervorragend rüber, finde ich. In der zweiten Hälfte wird das Buch etwas abgedreht, und das passt nicht mehr so recht zur ersten, doch sehr angenehm ruhigen Hälfte. Es scheint Arenz’ Stil zu sein, bei „Der große Sommer“ war das ganz genauso. Beides dennoch gute Bücher.
„Das Café ohne Namen“ von Robert Seethaler hingegen lese ich gemütlich auf der Couch und das Buch ist von vorne bis hinten ruhig. Was eine Kunst ist, denn auch dort geht es um Liebe, Hass, Tod und Wut, es explodiert sogar etwas. Trotzdem ist das Buch herrlich angenehm zu lesen: In ganz kleinen Häppchen schauen wir in die Lebensgeschichten der Gäste und des Eigentümers eines Cafés hinein. Könnte auch eine Bettlektüre sein.
Mein Überraschungshit des Monats ist aber eindeutig „Ganz normale Helden“ von Anthony McCarten. Eine dreiköpfige Familie ist kurz davor, auseinander zu brechen. Der gerade volljährige Sohn hält es nicht mehr aus, zieht aus, sagt aber niemandem, wohin. Der Vater hat versehentlich erfahren, wo er sich hauptsächlich aufhält: in einem Computerspiel. Sein Wunsch, Kontakt zum Sohn zu haben, ist so groß, dass er sich dort anmeldet und in dem Spiel nach ihm sucht. Das Buch findet darum auch zur Hälfte im Spiel statt, ein cooles Setting, das ich so noch nicht gesehen habe. Das Ende fühlt sich für mich zwar etwas unrund an, insgesamt bin ich vom Buch aber dennoch begeistert.
Auch begeistert bin ich von Pizza, wer ist das nicht. (Hier steht absichtlich kein Fragezeichen, denn niemand ist nicht von Pizza begeistert.) Darum habe ich Spaß an diesem Podcast über die Kulturgeschichte der Pizza im BR. Lohnende 22 Minuten.
Im Buchpodcast Kapitel Eins besprechen sie die Frage „Welches Buch würdest du auf eine einsame Insel mitnehmen?“, das kann ja schon mal zum Denken anregen, aber danach werden die Fragen verrückter, zum Beispiel „Welchen Autor würdest du auf diese einsame Insel mitnehmen?“ – weil, mit der Person muss man sich dann ja den Rest des Lebens unterhalten! Der Podcast gefällt mir sehr gut, auch hier lohnende 1 Stunde 18 Minuten.
Zum Abschluss ein Aufreger: Bei Novemberregen hat um fünf Uhr morgens ein Gebäude angerufen, um ihr eine Alarmmeldung mitzuteilen. Auf allen verfügbaren Telefonnummern, und das schließt das Festnetz mit ein.