Die Fußballweltmeisterschaft – aus meiner Sicht

Also ich bin wirklich kein Fußballfan. In einem Kinderbuch las ich seinerzeit die schöne Idee, man könne ja einfach 22 Bälle aufs Spielfeld werfen, damit sich da nicht so um den einen Ball gestritten werden muss – und ein ähnliches Verständnis habe ich da auch. Ich weiß nicht ganz genau, was Abseits ist, das passive Abseits habe ich sowieso noch nie verstanden, die Spieltaktiken sind mir zu kompliziert und diese ganzen Champions Leagues, Europameisterschaften und sonstigen Pokalspiele sind für mich ohnehin ein Buch mit sieben Siegeln.

Aber neulich stand ich beim griechischem Imbiss (der übrigens zu 50 Prozent Deutschlandfan ist) und wartete auf mein Essen zum Mitnehmen, da fiel mir ein, warum ich überhaupt der WM so viel abgewinnen kann. Warum ich als bekennender Verweigerer solcher Massenveranstaltungen mich da ein bisschen vom Eifer packen lasse und tatsächlich Fußballspiele in voller Länge schaue: Fast nie schafft es ein Ereignis, die Menschen in Deutschland derart zu vereinen. Wildfremde Fans feiern zusammen im Stadion, wer mit Deutschlandfahne auf die Straße geht, wird einfach mit „Schland“ gegrüßt, es schießen Tippgemeinschaften wie Pilze aus dem Boden, Schulen und Arbeitgeber planen die Lern- und Arbeitszeiten um die wichtigen Spiele herum und natürlich trifft man sich in Kneipen, Restaurants und öffentlichen Plätzen zum Public Viewing.

Eine solche, plötzlich auftauchende Gemeinschaft habe ich in Deutschland außer bei der Fußball-Weltmeisterschaft nur bei der Einführung des Euros erlebt: Da lachte man auch gemeinsam an der Kasse im Supermarkt darüber, dass jeder die Münzen beim Abzählen noch genau anschauen musste. Dieses Gefühl von Gemeinsamkeit wird mit dem Ausscheiden Deutschlands, spätestens aber mit dem Ende der WM am 11. Juli, genau so schnell vergehen wie es gekommen ist. Vielleicht sind wir einfach keine Nation mit überschwänglichem Nationalstolz, weil wir nicht an Deutschlands Vergangenheit erinnert werden wollen. Vielleicht liegt es uns auch nicht im Blut. Aber das ist für mich gerade nebensächlich.

Ich freue mich einfach darüber, dass sich einen Monat lang sehr viele Möglichkeiten ergeben, mit Freunden, Bekannten oder Unbekannten gemeinsam zu feiern oder zu trauern. Und auch wenn ich mich nicht in die Strömung des Public Viewing werfen werde, so ärgert es mich kein Stück, wenn ich nach einem weiteren Sieg der deutschen Elf nachts von einem Hup- und Vuvuzela-Konzert geweckt werde.

Die schwedische Rechtschreibung

Heute bekommen – und ich denke nur, „wo er Recht hat…“:

Die Deutsche Rechtschreibung ist ja nicht ganz einfach, zumal wenn man noch alte, mittlere und neue Deutsche Rechtschreibung berücksichtigen muss. Im Zuge der königlichen Hochzeit in Schweden sind jetzt allerdings Details der schwedischen Rechtschreibung offenbar geworden, die die deutschen Regeln doch klar in den Schatten stellen.

Den Journalisten und sonstigen Berichterstattern vom Hochzeitsgeschehen war aufgefallen, dass die diversen Gustafs mal mit f und mal mit v am Ende notiert waren, und dies auch dann, wenn es sich um ein und dieselbe Person handelte. Nachlässigkeit? Nein. Eine kundige Person gab Auskunft: Ein Gustaf, der noch unter den Lebenden weilt, schreibt sich mit f, ein verstorbener Gustav dagegen mit v. Eine interessante Rechtschreibregel, nicht wahr?! Ob wohl Bücher umgeschrieben werden, wenn Gustaf zu Gustav mutiert? Ob diese Regelung nur für königliche Gustafs gilt oder auch für Hinz und Kunz (äh – Gustaf und Gustav) von der Straße, darüber sagt meine Informationsquelle leider nichts.

Aber die Schweden wären nicht die Schweden, wenn sie nicht noch eins draufsetzten. Besonders akribischen Beobachtern fiel auf, dass zwei königliche Gustavs, obwohl unbestritten bereits verstorben, dennoch fürderhin als Gustaf geschrieben werden. Erklärung: Der gegenwärtige König (Karl XVI Gustaf) hat verfügt, dass diese beiden Gustafs zu seinen (Karl XVI Gustafs) Lebzeiten weiterhin als Gustaf und nicht als Gustav zu schreiben seien, da er sie persönlich gekannt habe.

Es wäre schön zu wissen, ob die schwedische Version der Microsoft-Word-Rechtschreibprüfung diese Feinheiten beherrscht.

Für Stress hab ich grad‘ echt keine Zeit!

Als ich diesen Spruch neulich twitterte, war das nur aus dem Ärmel geschüttelt, ohne viel darüber nachzudenken. Allerdings folgte eine – für meine Verhältnisse – große Resonanz, weshalb ich darüber noch ein paar Mal nachdachte. Entstanden ist der Tweet aus einem „ich hab viel zu tun, will mich davon aber nicht beeinträchtigen lassen“-Gespräch mit einem Freund. Ich habe mir aber nun die Frage gestellt, was es eigentlich heißt, sich für Stress keine Zeit zu nehmen. Der Gag daran ist ja offensichtlich, aber es steckt mehr dahinter.

Was ist denn überhaupt stressig? Zuerst einmal sind für die Menschen unterschiedliche Dinge auch ganz unterschiedlich stressig. Für mich sind beispielsweise Bewerbungsgespräche stressig, Autofahren dagegen überhaupt nicht. Ich werde auch nicht nervös, wenn mein Vorgesetzter mich zu sich ruft, dafür stehe ich aber unter Strom, wenn zu viel Arbeit ansteht. Es mag Leute geben, die fahren ungern Auto, aber sie langweilen sich bei Personalgesprächen. Jeder hat also seine eigenen Stressbereiche – natürlich mit Überschneidungen. Wer wird schon bei der Geburt des eigenen Kindes die Ruhe bewahren können…

Auf dauerhaften Stress reagiert man körperlich und wird krank. Das ist leicht einzuordnen und meist auch schnell wieder abzustellen. Warnsignale des Körpers sind aber manchmal nötig, um wieder auf den Teppich zurück zu kommen (abgesehen davon verringert Stress die Lebenserwartung). Ziel einer eigenen „Stresstherapie“ sollte es also sein, den negativen Disstress zu verringern.

Und genau das sollte mein Tweet bedeuten: Ich habe keine Lust, mir unnötig Stress zu machen, das Leben ist sowieso schon voll genug. Die Dinge, die ich im Büro erledigen muss, werden wohl pünktlich fertig, zur Not müssen eben Überstunden gemacht werden. Aber gerade die werden mit einem gemütlichen Kaffee und einem langen Blick aus dem Fenster eingeläutet. So auch nach der Arbeit: In der Weiterbildung ist gerade Klausurenphase, wenn ich also nicht arbeite, bin ich entweder in der Schule oder ich lerne. Aber doch bitte ohne Druck.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass Menschen – mich eingeschlossen – viel zu selten einmal kurz anhalten und sich auf das Wesentliche konzentrieren. Lohnt sich der Grund für meinen kurz bevorstehenden Wutanfall eigentlich? — Ist es wirklich entscheidend für mein weiteres Leben, ob ich heute Person A oder Person B treffe… oder ob ich einfach zu Hause bleibe und den Film schaue, den ich schon so lange sehen will? — Es ist hier nicht aufgeräumt, aber dafür bin ich ausgeschlafen.

An einigen Stellen stolpert man doch immer wieder über Beispiele, die einem die Einfachheit des Lebens vor Augen halten. Herrje, dann sind halt die Blumen auf dem Balkon im Winter eingegangen, na und? In Erde wühlen ist sowieso gut für die Seele. Aber auch Dinge mit größerer Tragweite lassen sich auf das Wesentliche kürzen: Ein Autounfall ist dann nicht schlimm, so lange es nur ein Blechschaden ist. Deshalb Geschäftstermine verpasst? Dafür lebt man aber noch – statt einem Grund für Stress also eher ein Grund zur Entspannung und einem großen Eis in der Sonne.

Denkst du gerade, dass ich nicht mehr alle Nadeln an der Tanne habe? Dann sprich doch einmal mit einem Menschen, der ein wirklich schlimmes Schicksal erfolgreich hinter sich gebracht hat: eine Krebserkrankung zum Beispiel. In Sachen „das Leben leben“ und „wissen, was wirklich wichtig ist“ wird er wahrer Meister sein. Bei so jemanden ruft der tobende Chef, der seinen Kaffee über die neuen Unterlagen geschüttet hat, doch allenfalls ein mitleidiges Lächeln hervor.

Ich rufe also dazu auf, öfter anzuhalten und sich kurz zu überlegen, wie man sich gerade fühlt. Ist da Stress im Spiel? Lohnt sich das? Oder sind eigentlich andere Dinge wichtiger? Ich kann dir versprechen, dass das gut tut. Du wirst viel eher merken, wie unwichtig im Vergleich zu deinem restlichen Leben Dinge wie eine Grippe, die verpatzte Klausur und sonstige Geschichten sind, die anfangs riesengroß erscheinen aber nach einer gewissen Zeit verblassen und nicht mehr sind als… Vergangenheit.

Es kann so gelassen zugehen. Mach mit – und lebe länger.