Wenn die lokale Sängerjugend loslegt

„Habe ich erzählt, dass ich mal im Fernsehen aufgetreten bin?“ – Wenn ich diesen Satz sage, glaubt für gewöhnlich der geneigte Gesprächspartner, dass ich im Großformat auf dem Bildschirm zu sehen gewesen sein könnte. Dem ist allerdings nicht so. Und eigentlich bin ich darüber auch ganz froh.

Vor vielen Jahren hielt man es für angebracht, mich als kleinen Buben schon in einen Gesangsverein zu schicken. Ob es mir geschadet hat, das mag jeder selbst für sich entscheiden. Jedenfalls war ich Teil der „Sängerjungend Siebengebirge“. Laut meiner Erinnerung bestand unsere Chorarbeit ausschließlich darin, uns einmal wöchentlich in einem niedrigen Probenraum zu treffen und zu üben, wie man einatmet, ohne dabei die Schultern zu heben – aber ich mag mich täuschen. 

Eines abends eröffnete uns die Leitung, dass wir zu einer Fernsehaufzeichnung fahren würden. Es ging zum ZDF-Sonntagskonzert, das live aus dem Dörfchen Adenau in der Eifel gesendet werden würde. 

Oha. Eine Fernsehübertragung? Und was würden wir da singen? Heimatlieder, hieß es. Damals konnte ich damit nicht viel anfangen und übte fortan ganz fleißig Werke wie „Hoch auf dem gelben Wa-haa-gen“ und „Im Frühtau zu Berge“ – dessen Text ich noch heute kenne.

Der Tag war natürlich für alle ein ganz besonderes Event. Wir fuhren früh los, natürlich die ganze Familie, denn das wollte sich niemand entgehen lassen. Mein Sängerfreund und ich hatten uns möglichst passende Klamotten angezogen: Wanderschuhe und -strümpfe, ein kecker Hut, dazu gab es ein Wander- und Jägermesser und natürlich auch einen Wanderstock. Leider ist mir die fesche Lederhose mittlerweile abhanden gekommen.

In meiner Erinnerung waren tausende Sängerkinder vor Ort, in der Realität mögen es weniger gewesen sein. Der Marktplatz war gesperrt und festlich hergerichtet. Kamerateams auf Schienen und Dächern. Jemand mit Megaphon gab Anweisungen.

Erst wurde geprobt, dann wurde geprobt, dann wurde noch einmal geprobt. Denn: Das Ganze sollte live stattfinden und wir hatten tatsächlich nur eine einzige Chance, es richtig zu machen. Also stapften wir Kinder in Zweierreihen in Choreografie über den Marktplatz, um einen kleinen Baum herum und wieder aus dem Bild heraus. So weit, so einfach.

Während andere Sängereinheiten probten, hatten wir etwas Zeit zum Umschauen. Wir machten Fotos, schauten den anderen zu und trösteten einen kleinen Jungen, dessen Wanderstock im Gulli verschwunden war. Dabei war er so stolz auf dessen viele Plaketten gewesen.

Schlussendlich wurde es dann spannend: Die Live-Schalte würde stattfinden. Irgendjemand fuhr auf seinem gelben Wa-haa-gen im Schneckentempo über den Marktplatz, wir sangen alle im Hintergrund mit und hatten viel Spaß. Als dann unser Auftritt kam, war ich aber ganz schön nervös. Dabei musste ich eigentlich nur meinen Vordermännern nachlaufen. Das tat ich dann auch: Über den Marktplatz, um den Baum – und da blieb leider mein Wanderstöckchen in einer Wurzel hängen. Wie peinlich! Ich bahnte mir einen Weg durch die nachfolgenden Sänger und holte meinen Stock zurück, denn ohne ihn wäre mein Outfit natürlich nicht komplett gewesen.

Der Rest klappte dann wieder problemlos. Von der Rückreise weiß ich indes überhaupt nichts mehr. Möglicherweise bin ich im Auto eingeschlafen, denn dieser ganze Tag mit wochenlanger Vorbereitung war schon sehr, seeehr anstrengend.

Aber nun. Ich kann mit Stolz behaupten, einmal live im Fernsehen aufgetreten zu sein. Ob jemand meinen kleinen Fauxpas gesehen hat oder ob das überhaupt im Bild war, entzieht sich meiner Kenntnis. Auch gibt es mittlerweile keine Aufzeichnung der Sendung mehr. Was ich aber habe: Eine Autogrammkarte von der Moderatorin Ramona Leiß. Vielen Dank, liebe Frau Leiß, es war uns ein Fest.

Die beste Erinnerung jedoch ist dieses Foto. Sehe ich nicht heiß aus?

Klein-Thomas mit Wanderstock und Filzhut
Klein-Thomas mit Wanderstock und Filzhut

„Was ist letzte Preis?“

Nachdem ich vor einer Weile eBay den Rücken gekehrt habe, verkaufe ich ab und zu Sachen bei den Kleinanzeigen. Da hat man wenigstens noch Spaß!

Zum Verkauf stand eine PlayStation. Geboten wurden mir dafür unter anderem die Hälfte des Kaufpreises, Schuhe zum Tausch, Schmuck zum Tausch, andere Schuhe zum Tausch, eine kostenlose Lieferung meinerseits und auch eine ältere PlayStation zum Tausch. Gespräche wie das hier waren an der Tagesordnung.

Screenshot von eBay Kleinanzeigen: Sinnlose Preisdiskussion
So ist es bei eBay Kleinanzeigen…

Wer es nicht kennt: Bei den Kleinanzeigen kann man angeben, ob es sich um einen Festpreis oder um eine Verhandlungsbasis handelt. Im Grunde ist es aber egal, was man als Anbieter ankreuzt, denn meist wollen die Interessenten doch noch mal nachverhandeln.

Es geht aber nicht immer so zu, manchmal klappt es auch einfach! Ich hatte zum Beispiel einmal ein Echtholz-Bett in Übergröße zu verkaufen, das man nicht auseinandernehmen konnte. Mit anderen Worten: sehr schwer und fürchterlich unhandlich. Es meldete sich ein Vater mit sehr großem Sohn – sie nahmen das Monstrum überglücklich in Empfang.

Momente wie dieser sind der Grund, weshalb ich es ab und zu noch bei den Kleinanzeigen versuche. Eine Spielekonsole werde ich da allerdings nicht mehr anbieten. Da wird man ja wahnsinnig. Ich habe sie mittlerweile übrigens verkauft, aber privat.

Auf die Idee hätte ich eher mal kommen können.

Wo ist denn das kleine Dings, das schwarze?

Als Kind und Jugendlicher hatte ich in der Familie einen tollen Ruf: immer alles finden zu können. Das konnten Sachen sein, die man aktiv gesucht hat, aber auch Dinge, die man gar nicht finden wollte.

Einmal fand ich zum Beispiel im Rinnstein einen Einmalrasierer. Neugierig, wie ich nun mal bin, hob ich ihn auf und zeigte ihn meiner Mutter. Die reagierte natürlich, wie sie es sollte und ließ mich das Ding wegwerfen – weil Krankheiten und so. Da ich aber überaus begeistert von dem kleinen Plastikteil war und es eigentlich gerne behalten hätte, köderte sie mich mit einer extra für mich gekauften Packung Einmalrasierer.

So kam ich also zu meinem ersten Rasierer-Set. Jahrelang lagen die Stielmesser in einer Schublade herum. Ab und zu rasierte ich mir die feinen Haare auf dem Oberarm weg und wunderte mich jedes Mal, warum die Erwachsenen das täglich machen.

Ein anderes Mal wollte ich mit meinem Bruder Ball spielen. Wir hatten beide als Geschenk einen besonderen Knautschball bekommen und wir hatten uns im Wohnzimmer zum Spielen verabredet. Ich war da, wer nicht kam, war mein Bruder. Irgendwann ging ich suchen und fand ihn in seinem Zimmer. „Ich finde den Ball nicht“, maulte er, während ich noch in der Tür stand. Ich zeigte drauf: „Da liegt er doch.“ – Hätte er mich mal eher gefragt.

Auch heutzutage finde ich ständig Dinge, die andere Menschen suchen. Wenn ich allerdings mal selbst etwas verlegt habe, dann natürlich nicht. Wie so ein Zahnarzt – der kann sich auch nicht selbst… lassen wir das.


Evelyn Mostrom

Der denkwürdigste Moment der Reihe fand allerdings bei einen kleinen Tour mit ein paar Freunden statt. Wir fuhren in ein Moor, übrigens ein sehr spaßiges Unterfangen. Ständig blieben irgendwelche Kindergummistiefel stecken und man musste gerettet werden. Ich fand das damals reichlich gruselig und bin mir unsicher, ob das wirklich ein Ort für Kinder in unserem Alter war. Ganz sicher war es aber kein Ort für die herausnehmbare Zahnspange, die ich am Wegesrand entdeckte.

Ein großartiger Fund, alle mussten sie natürlich bewundern kommen. Wir malten uns aus, wie man überhaupt eine Zahnspange verlieren konnte und ob das womöglich Absicht gewesen war, denn sind wir mal ehrlich: Angenehm ist es nicht, die Metalldrähte zu tragen. Natürlich konnte niemand die offenen Fragen beantworten und dieses Mal fühlte ich mich auch nicht geneigt, das Fundobjekt mit nach Hause zu nehmen. Ich weiß auch nicht, mit welcher Alternative meine Eltern mich davon hätten abhalten können. Mit diesen Drahtkonstruktionen würde ich auch noch früh genug Bekanntschaft machen – auch wenn ich das damals noch gar nicht ahnte.

Frohes Finden!


PS: Wer zuerst den Erfinder des Titels dieses Blogeintrags nennen kann, gewinnt… Anerkennung!