Blutspenden

Zu Blutspenden habe ich ein sehr gespaltenes Verhältnis.

Zunächst sei festgehalten, dass Blutspenden enorm wichtig sind. Zu wenige Menschen tun es – übrigens wie Organspenden, aber das ist ein anderes Thema. Vielleicht sollte man einen Service einrichten, der einem überall dort Blut abzapft, wo man sowieso wartet. Im Bürgeramt, im Wartezimmer, an der Kassenschlange…

Weshalb ich persönlich aber etwas die Lust am Nadelpieksen verloren habe, hat zwei konkrete Gründe. Und keiner der beiden hat irgendetwas mit den Nadeln selbst zu tun! Okay, beim Blutspenden handelt es sich weniger um Nadeln und mehr um kleine Metallrohre, die sie einem da in die Armbeuge rammen. Das kann man schön oder weniger schön finden, aber es ist in der Regel auszuhalten. (Gibt es irgendjemanden, der das mag? Als sexuelle Praktik womöglich. Oh Gott, eine Erektion im Ärztezimmer! Das sieht man dort sicher selten.)

Der erste Versuch

Es ist über 15 einige Jahre her, ich machte gerade den Führerschein. Meine Fahrschule organisierte regelmäßige Blutspendetouren ins nächste Krankenhaus – eine sehr gute Aktion. Wir jungen Leute kamen gerne mit, warum auch nicht, es gab sogar ein bisschen Geld dafür.

So saßen wir in diesem 80er-Jahre-Wartezimmer mit den 70er-Jahre-Stühlen und füllten auf einem Klemmbrett den üblichen Zettel aus:

  • Haben Sie HIV? – Nee.
  • Sind Sie schwanger? – Pubertäres Kichern.
  • Haben Sie in den letzten sechs Monaten Blut gespendet? – Nein.
  • Haben Sie diese oder jene Krankheit kürzlich überstanden? … – Alle nein.
  • Waren Sie kürzlich bei einer Akupunktur-Behandlung? – Ja, tatsächlich.
  • Haben Sie häufig wechselnde Sexualpartner? – Wieder pubertäres Kichern.
  • Und so weiter und so fort, zwei Seiten Kreuzchen machen.

Anschließend wurden wir zu einer Vorbehandlung gelassen, ich wurde als einer der Letzten unserer Fahrschulgruppe dran genommen. Der Arzt schaute sich mein Kreuzchenprotokoll an: „Oha, Akupunktur… da muss ich kurz nachfragen.“ Er wählte eine Nummer am Telefon und erklärte die Situation. „Aha, ja… verstehe… also nur dann? Gut.“ Er legte auf. „Wurden dort Akupunkturnadeln verwendet, die mehrfach benutzt werden?“

„Nein“, sagte ich, denn das wusste ich tatsächlich hundertprozentig. „Die werden danach weggeworfen. Auch die Injektionen, die man anschließend bekommt…“

„Es wird eine Injektion verabreicht? Dann kann ich Sie leider nicht weiter lassen. Wir wissen nicht, was Sie gespritzt bekommen haben.“

Auch wenn es sich dabei um ein simples Schmerzmittel handelt, durfte ich tatsächlich beim Blutspenden als Einziger nicht mitmachen. Und statt mich für meine Ehrlichkeit zu bewundern, wurde ich bei der Heimfahrt ausgelacht und dachte mir, ich hätte einfach überall „Nein“ ankreuzen sollen. Wobei das gelogen gewesen wäre, und ich wollte bei solch einem wichtigen Thema ja doch ehrlich sein. Wenigstens hatte ich ein kostenloses Essen bekommen.

Der zweite Versuch

Jahre nach diesem Misserfolg unternahm ich mit meinem Bruder und ein paar Freunden einen zweiten Versuch. Ich war auch lange nicht bei der Akupunktur gewesen. Der übliche Zettel war schnell ausgefüllt. Wer gibt denn auch bitte an, häufig wechselnde Sexualpartner… oh, die Frage wurde ausgetauscht. „Sind Sie homosexuell?“ – Was für eine Frechheit, das ging die gar nichts an. Wie wir heute wissen, ging man damals davon aus, dass Schwule grundsätzlich HIV haben und deshalb durften sie nicht spenden. Pah… aber auch das ist ein anderes Thema.

Diesmal überstand ich die ärztliche Voruntersuchung und wurde endlich ins Nadelzimmer gelassen. Wir wurden auf ergonomisch geformten Liegen gebettet, es gab sicher zehn oder 15 in dem Raum. Mein Bruder und ich lagen uns gegenüber und unterhielten uns, während die Nadeln gesetzt wurden.

Später wurde es etwas langweilig und wir schauten uns um. Neben jeder Liege befand sich ein kleines Schränkchen, in dem eine Waage stand. Das abgezapfte Blut wurde sofort gewogen und nach einem halben Liter hörte das System automatisch mit dem Zapfen auf. Mein Bruder und ich konnten jeweils die Waage des anderen sehen.

Für den Fall, dass es mal nicht so „laufen“ sollte wie gewünscht, hatten wir beide einen kleinen Ball bekommen. Wenn man den wiederholt presst, wird der Arm besser durchblutet und naja, wo mehr ist, kann mehr entnommen werden. Weil wir ja sowieso nichts besseres zu tun hatten, beschlossen wir einen Wettlauf: Wer zuerst fertig ist, hat gewonnen! Also pumpten wir drauflos. Es war ein knappes Rennen, aber ich gewann.

Das Entnahmesystem piepste und eine Schwester machte sich an meinem Arm zu schaffen. Stolz erklärte ich ihr, dass ich unseren Wettkampf gewonnen hatte. Während sie so neben mir fuhrwerkte, die Nadel abnahm und so weiter, wurde mir plötzlich sehr flau und schwindelig. Sie sah mich an, verstand sofort und fragte: „Alles in Ordnung?“

„Äääh“, sagte ich nur, da wurde meine Liege auch schon nach hinten gekippt, so dass das Blut von den Beinen in den Kopf fließt.

„Trinken Sie das. Für den Kreislauf.“

„Das ist mir wirklich sehr unangenehm…“

„Ach, das passiert hier öfter. Hätten Sie sich mal nicht so beeilt…“

Da musste mein Bruder natürlich lachen. Gemein. Er war mittlerweile fertig, natürlich ohne Kreislaufprobleme, und durfte in den Essensraum gehen. Ich sollte noch ganze 20 Minuten ausharren, bis ich mich besser fühlte. Super langweilig. Und ziemlich peinlich.

Als die Zeit endlich rum war, ließ man die Liege wieder hinab und ich durfte aufstehen. Vorsichtig machte ich die ersten Schritte in Richtung des Ausgangs, aber was war das? Mein Arm fühlte sich so warm an.

Ich sah an mir herunter: Von der Einstichstelle hatte sich ein Rinnsal Blut gebildet, das bis zu meiner Hand verlief und über den Mittelfinger auf den Boden tropfte. Es sah aus wie in einem drittklassigen Horrorfilm. Statt meine Armbeuge zu pressen und die Blutung zu stoppen, stand ich blöd herum. „Ähm, ich blute, könnte mir jemand kurz helfen?“

„Draufdrücken!“

Die Schwester kam angerannt und rollte mit den Augen. Ich wurde zur Liege zurück bugsiert und mit einem dicken Mullband versorgt: „Jetzt drücken Sie da mal lange drauf und nicht loslassen!“ Während ich brav drückte und nicht losließ, musste die arme Pflegerin meine Sauerei auf dem Boden aufwischen. So stelle ich mir den Boden in einer Schlachterei vor. Ich hatte eine ordentliche Menge dicker Tropfen hinterlassen, die erst einmal schön verschmierten. Herrje, war mir das alles peinlich.

Nach einer Weile kam mein Bruder ins Zimmer, mittlerweile hatte die Gruppe sich gefragt, wo ich denn nun geblieben sei.

So kam es, dass ich bei der Rückfahrt schon wieder ausgelacht wurde. Dieses Mal allerdings aus gutem Grund.

Foto: rawpixel

Bescheuerte Idee: Regengeräusche ausschalten

Wassertropfen an einem Ast, in denen sich das Licht spiegelt

Neulich saß ich im Regen auf dem Balkon. Der Balkon ist überdacht, also konnte ich gemütlich den Tropfen beim Fallen zuschauen und zuhören und mir dabei Gedanken machen.

Eins der Dinge, die Regen ausmachen, ist sein Geräusch. Das einheitliche Plätschern wurde in dem Moment nur durch ein paar dicke Tropfen übertönt, die ab und zu von irgendeinem Vorsprung auf ein kleines Plastikstück platschten. Dieses Geräusch hätte ich gerne ausgeblendet.

Was, wenn man Kunstrasen unterlegen würde? Nein, das würde höchstens nur kurz klappen. Styropor? Zu hart. Schaumstoff? Vielleicht ginge das eine Weile, bis er sich vollgesogen hätte.

Dann kam mir eine Idee: Wenn ich auf dem Plastikding ein möglichst hohes Metallnetz aus ganz dünnen Fäden installieren würde, könnte das die fallenden Tropfen auf ihrem Weg nach unten Stück für Stück zerstäuben. Übrig bliebe ein feiner Nebel. Man könnte natürlich auch Straßenbeläge so herstellen, dass der Regen keine Geräusche mehr machen würde.

Und dann kam mir der finale Gedanke in den Sinn: Wie seltsam wäre ein Regenschauer, wenn er gar keinen Ton von sich gäbe! Nass, ja. Aber als Hörender, der das wohltuende und entspannende Säuseln aufschlagender Regentropfen kennt und liebt, würde ich alles dafür tun, dass die von mir gerade ausgedachte Technik auf keinen Fall in meinem Umfeld installiert würde.

Podcast-Empfehlung: Betty In The Sky

Retro-Mikrofon

„Das hat er nicht gesagt!“

Auf Reisen erlebt man Dinge und kann davon erzählen. Viele Dinge erleben Personen, die viel reisen. Wenn sie dann noch mit vielen Menschen in Kontakt kommen, ist die perfekte Situation geboren. „Betty N. Thesky“ ist ihr Künstlername – der braucht vielleicht kurz. Betty ist Flugbegleiterin „for a major airline and I bring you stories from the airplanes, from the flight attendances and the pilots and from travelling around the world“.

Was Fluggäste so tun ist wahrlich unglaublich. Betty hat ihr Diktiergerät immer dabei und bringt auch viele Geschichten von Kolleginnen und Kollegen in ihrer Show. Außerdem reist sie auch privat gerne und berichtet von ihren Erfahrungen.

Ob es nun also komische Fahrzeuge, masturbierende Reisende, geschmuggelte Tiere oder herrliche Missverständnisse zwischen den Kulturen sind: Es macht Spaß, zuzuhören!

Betty in the Sky with a Suitcase


Titelfoto: Maciej Korsan/StockSnap.io