In meinem Elternhaus hing seit jeher dieses Bild im Flur. Es war unscheinbar, nicht größer als ein Blatt Papier, war mit Ölfarbe gemalt und zeigte eine Person, die auf einer Bank saß. Die Person wandte dem Betrachter den Rücken zu und es ließ sich nicht erkennen, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelte.
Das Bild war mir nie besonders wichtig vorgekommen. Im Gegenteil, viele Jahre meiner Kindheit beachtete ich es gar nicht. Es hing an einer Wand in der Nähe der Haustür, und obwohl ich täglich einige Male daran vorbei lief, hätte ich damals nicht sagen können, was genau darauf abgebildet war. Das Bild mit der undefinierten Person hing einfach dort an der Wand. Es wurde von einem etwas altmodischen Holzrahmen mit ein paar Schnörkeln eingefasst, nicht sehr auffällig, aber auch nicht zu zurückhaltend.
So vergingen die Jahre. Um das Bild herum wechselten die Gemälde. Eine Weile hingen dort die ersten eigenen Zeichnungen von meinen Geschwistern und mir, unsichere Wachsmalstriche, die selbst ein Kinderauge nicht zu einem aussagekräftigen Bild zusammensetzen konnte. Es folgten Werke aus dem Kunstunterricht, farbig beklebtes Papier und Versuche von dreidimensionaler Zeichnung. Sie machten später Platz für Familienfotos vom Fotografen – pickliges Lächeln, gekünsteltes Posieren, konzentriertes Geradesitzen.
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