Müll

Neulich warf der Fahrer des Autos vor mir einen Zigarettenstummel auf die Straße.

An sich kein Verbrechen, abgesehen davon, dass es dafür ja Mülleimer gibt, sicherlich auch in seinem Auto, außerdem stellt sich natürlich die Frage, weshalb sich jemand freiwillig wahlweise dem Qualm im Auto oder eisiger Zugluft aussetzt. Als ich im üblichen Stadtverkehr hinter ihm her zuckelte, fragte ich mich, ob es mit dem Müll-hinaus-Werfen nicht in der nächsten Zeit ein Ende haben könnte.

Gut, momentan natürlich nicht. Ein Depp wirft die McDrive-Tüte auf die Autobahn und wenn die Essensreste nicht von irgendeinem armen Wildtier gefressen werden, das danach am Plastik verendet, werden die Überreste irgendwann von der Autobahnmeisterei aufgelesen und vernichtet. Mit etwas Glück könnte sich das aber in mittlerer Zukunft ändern. Wir werden ja – ob wir das wollen oder nicht – immer durchsichtiger, will sagen, transparenter. Nachdem auf dem biometrischen Personalausweis jetzt schon Fingerabdrücke abgegeben werden können, ist es doch kein weiter Weg mehr, bis dafür eine DNA-Probe abgegeben werden muss. Und mit zunehmender Technisierung ist es auch kein großer Schritt mehr, sogar den Müll zu verfolgen.

Damit wäre es um die Naturmüller geschehen: Ein Depp wirft seine McDrive-Tüte auf die Autobahn und erhält eine Woche später einen Brief oder vielleicht auch eher eine E-Mail oder eine DE-Mail von der Stadt mit einem beglaubigten Abgleich seiner DNA mit denen an der Tüte („Die DNA-Spuren der jungen Dame, mit der Sie sich seit geraumer Zeit nachmittags treffen, während Ihre Frau zu Hause auf Sie wartet und denkt, Sie hätten ein Meeting, werden wir natürlich nicht öffentlich machen.“) und einer gepfefferten Rechnung. Am besten gleich mitsamt einer Quittung der bereits erfolgten SEPA-Abrechnung.

Verfolgbarer Müll hätte aber auch noch ganz andere Auswirkungen: Die Steuer für die Müllabfuhr könnte personengenau erfolgen. Wenig Müll, wenig Kosten, viel Müll, hohe Kosten. Wer sich also jede Amazon-Bestellung als Einzelpaket schicken lässt, zahlt demnächst auch für die Entsorgung der Packungen.

Und wenn man es weiter denkt: Autos bräuchten keine Nummernschilder mehr, Türen keine Schlösser, „Checkouts“ im Supermarkt keine Kassen und Menschen keine Kredit-, EC-, Krankenversicherungs-, Führerschein- oder Buchhandlungs-Karten. Ein Traum.

Felix – eine wahre Geschichte

Es ist zwar schon Jahre her, aber die Erinnerung an einen bestimmten Tag im Winter verlässt mich nicht. An eben jenem Freitag ist mir nämlich etwas so absurd Bescheuertes passiert, dass ich mich bis heute frage, ob da nicht eine bekannte Fernsehsendung ihre Finger im Spiel hatte und ich nach Strich und Faden veräppelt wurde.

Wie gesagt war es ein Freitagmorgen im Winter, ein ganz normaler Arbeitstag also. Es war kurz nach sechs Uhr und ich lag im Bett und schlief, denn der Wecker würde erst in ein paar Minuten klingeln. Da klopfte es an meiner Tür. Da ich zu der Zeit in einem Mehrfamilienhaus wohnte, war das also durchaus etwas besonderes, eigentlich konnte es ja nur ein Nachbar aus dem gleichen Haus sein. Da das Klopfen nicht aufhörte, schlurfte ich also verschlafen zur Tür und wurde mit einem Schlag ein großes Stück wacher: Dort stand ein mir nicht bekannter Mann um die 30, nur mit Unterhose und Socken bekleidet. Und er sagte: „Hallo, ich bin Felix.“

Verdattert und noch immer nicht ganz wach, sagte ich nur etwas wie: „Äh, hallo.“

„Ja, also“, begann er dann, „ich habe mich ausgeschlossen und komme nicht in meine Wohnung. Kannst du mir helfen, jemanden zu finden, der meine Tür aufmachen kann?“

Nun gut, ich wollte dann auch nicht unfreundlich sein, schließlich war es ja auch kalt und so – also ließ ich den fast nackten Typen in meine Wohnung und zusammen saßen wir auf der einzigen freien Sitzgelegenheit, meinem Bett. Da mein Computer noch nicht lief, suchte ich in den Gelben Seiten nach einem Türöffnungs-Spezialisten. Die Uhrzeit gebot es, den nächsten 24-Stunden-Service anzurufen. Felix wollte die Nummer selbst nicht wählen, er war irgendwie ein bisschen unsicher – ich dachte mir, er könnte vielleicht Schlafwandler sein und wäre deshalb genau wie ich einfach noch nicht ganz wach. Also wählte ich die Nummer und gab ihm das Telefon, als es am anderen Ende klingelte.

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