Träumen wie ein Kind

Die finnische Band „Sunrise Avenue“ besingt in „Dream Like A Child“ die kindliche Denkweise. Frei übersetzt: „Ich brauche euch nicht um mir zu sagen, dass ich draußen nass werde. Ich brauche eure selbstgesteckten Grenzen nicht. Ich lächle und alles wird gut – und jeden, der mich belehren will, überhöre ich.“

Lese ich da ein wenig Trotz heraus? Aber es stimmt doch auch: Mit Kinderaugen betrachtet ist alles so einfach. Morgens geht die Sonne auf, abends geht sie unter und dazwischen stehen eine Menge Spaß und viel Neues. Mit dem Älterwerden entwächst man für gewöhnlich dieser Einfachheit im Denken, es kommen Probleme hinzu, die gewälzt werden müssen, Fragen, die einer Antwort bedürfen und in der Pubertät werden auch noch die Eltern schwierig. Ach, es ist schon nicht leicht.

Sich dann zurück in die Kindheit zu sehnen, ist keine Schande. Witzig, dass wir früher anders herum dachten: Fragt man kleine Kinder, wollen sie in den Kindergarten; fragt man im Kindergarten, wollen sie in die Grundschule; fragt man Grundschüler, wollen sie auf die weiterführende Schule und fragt man dort, dann wollen sie endlich raus aus der Schule und arbeiten. Tja. Und dann? Dann kommt eine ganze Weile nichts, wahrscheinlich, weil wir dann wissen, wie sinnlos es wäre, sich mit Mitte zwanzig schon die Rente zu wünschen. Dann macht man’s doch lieber wie Sunrise Avenue und verarbeitet den Frust in einem Lied. (Die waren natürlich nicht die ersten, zum Beispiel hat Pur seinerzeit mit „Abenteuerland“ in die gleiche Kerbe gehauen.)

Es ist alles eine Frage der Perspektive. Kinder und Jugendliche haben eine völlig andere Sichtweise auf die Dinge. Und ja: Ab und zu würde es uns Erwachsenen sehr gut tun, einmal so zu denken wie ein Kind. Wer könnte einen Perspektivenwechsel besser verdeutlichen als der Lehrer „John Keating“ in „Club der Toten Dichter“ (IMDb)? Er steigt während des Unterrichts auf seinen Tisch und fordert die Schüler auf, das auch zu tun. Siehe da: Plötzlich sieht der Klassenraum für alle ganz anders aus. Das kann man übrigens auch ganz einfach zu Hause nachmachen, indem man mitten im Wohnzimmer auf einen Stuhl steigt.

Was bleibt denjenigen, die nicht singen können, so wie Sunrise Avenue, und die nicht immerwährend einen Stuhl mit sich herumtragen möchten? Ganz einfach: Wenn ihr mal ein Kind seht, im Kinderwagen oder auf jemandes Arm, dann beobachtet, wie es mit weit aufgerissenen Augen umherschaut. Alles und jeder ist enorm interessant, die ganze Welt will entdeckt werden. Denkt daran, dass ihr auch mal so klein wart und behaltet dieses Gefühl im Kopf.


Das Video und der Liedtext:

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Wirre Weihnachtszeit

Gestern fuhr ich mit dem Bus in die Stadt, dort drängten sich die Menschenmassen durch die Gassen. Das ganze ist ziemlich lange her, ich weiß es noch genau, ich war nämlich fast allein dort. Natürlich suchte ich nach Weihnachtsgeschenken, was für eine unnütze Aufgabe, doch als ich die üppige Osterdekoration betrachtete, da überkam mich der Wunsch, endlich wieder jemandem ein Geburtstagsgeschenk zu kaufen.

Gesagt, getan: Ich lief in die nächste Drogerie auf der Suche nach etwas zu Essen und kaufte beim erstbesten Marktschreier einen Besen. An der Kasse tippte mir von hinten jemand auf die Schulter und schnauzte mich an: "Möchten Sie vor? Ich sehe, Sie haben nur eine Sache, ich verkaufe ganz viel." "Sehr freundlich", raunte ich und war kurz danach wieder an der frischen Luft. Etwas enttäuscht über den Einkauf schleppte ich die schweren Kisten zum Auto und wollte gerade einsteigen, als das Taxi plötzlich ohne mich losfuhr. Natürlich rannte ich laut flüsternd vorneweg: "Stehen bleiben, mein Kind ist in Ihrem Wagen!" Aber der Fahrer hörte mich nicht.

Ich musste also selbst die Initiative ergreifen, stand aus meinem Sessel auf und sprintete zum Bus. Keuchend erreichte ich das Fahrerhäuschen, ließ mich bezahlen und folgte dem Kettcar, das gerade um die nächste Ecke tuckerte. Zum Glück waren aber so viele Autos auf der Straße, dass ich ohne Probleme mithalten konnte. Gerade vor der nächsten Brücke erreichte ich das Cabriolet und konnte es stoppen. "Geben Sie mir meinen Fruchtsalat wieder", rief ich freundlich. Die Fahrerin ließ mich durch und vor Trauer lachend schwamm ich nach Hause.

Und die Moral von der Geschichte? Manchmal bleibt man besser daheim.