Unter „Was machst du eigentlich den ganzen Tag“, kurz #wmdedgt, versammeln sich die Tagebuchbloggenden an jedem 5. eines Monats und berichten vom Tag. Initiiert wurde das von Frau Brüllen.
Jeden Morgen das Gleiche: Nach dem ersten Snoozen starten im Radiowecker die Nachrichten und ich wache mit Kriegsdetails auf, aber wenigstens treiben die mich sofort aus dem Bett. Die Weihnachtsbeleuchtung ist schon wach und erhellt mir das Wohnzimmer, es könnte fast gemütlich sein, wenn nur die Uhrzeit nicht wäre.
Zum Frühstück kurzes Videoklönen mit einer Kollegin aus einer anderen Abteilung. Das ist eine schöne Tradition, die wir aus der Pandemie hinüber gerettet haben: Da trafen wir uns statt in der Kaffeeküche eben kurz per FaceTime, und dabei ist es geblieben.
Heute ist Homeoffice-Tag, es wird also ruhig. Und warm, muss ich ergänzen, denn dieser Tage wird es im Büro auch bei voll aufgedrehter Heizung nur knapp 20 Grad und die Kälte aus dem Keller zieht uns die Beine hinauf – wir geben uns bereits gegenseitig Klamottentips, ich habe auch schon eine Wärmflasche gesichtet.
Dann beginnt der Arbeitstag. Ich arbeite im First- und Second-Level-Support, bin also jeden Morgen beim Starten des E-Mail-Programms aufs Neue gespannt, welche Fehlermeldungen und Anfragen auf mich warten. Heute ist alles ruhig und ich setze mich nach der Beantwortung einiger Standardprobleme an eine Statistik.
Einmal im Monat führe ich diese Tabelle fort. Das dauert jedes Mal nicht besonders lange, aber über die Jahre hat sich da ein hübsches Zeitsümmchen ergeben. Es ist eine tolle Statistik, man kann viel aus ihr ableiten – aber lohnt sich die Zeit, die ich in sie investiere? Und könnte ich den Prozess nicht irgendwie automatisieren? Wie viele Stunden Arbeit würde diese Automatisierung wohl benötigen? Vermutlich könnte ich diese Statistik dafür noch viele Jahre manuell erstellen. – Ich bemerke, dass sich in dieser halben Stunde gemütlicher Klickarbeit mein Gehirn woanders hin begeben hat, es langweilt sich eben.
Später dann eine Arbeitsbesprechung mit der Vorstellung vieler wichtiger und sogar interessanter Zahlen, aber ich bin heute müde und kann nur schwer aufmerksam bleiben. Nach der Besprechung logge ich mich für die Mittagspause aus und stelle erst danach fest, dass es noch gar nicht die Zeit dafür ist. „Was soll’s“, denke ich, „gibt’s halt früh Mittagessen.“ Nach dem Essen finde ich im Küchenschrank einen Schwarztee und freue mich nach der Rückkehr zum Laptop über den Geschmack. Der restliche Arbeitstag plätschert friedlich weiter, ich widme mich einigen länger liegen gebliebenen Dingen, in unserem Trello-Board gäbe es ausreichend Aufgaben für die nächsten Monate.
Ich logge mich pünktlich aus, denn ich muss zur Physiotherapie. Erst liege ich unter einer Wärmelampe – wie die Erdmännchen im Zoo. Dabei höre ich ein Hörbuch. Plötzlich rutscht das Smartphone von der Liege und knallt auf den Boden, es ist unglaublich laut. Wieder einmal bin ich froh, eine gute Hülle zu benutzen. Die Therapeutin knetet mich danach ordentlich durch, den ganzen Rücken von oben bis unten. Es schmerzt an mehreren Stellen, manchmal auch unerwartet, und ich muss ein bisschen fluchen. Wir unterhalten uns derweil über Bücher und Hörbücher, Gesundheit, Zivildienst und das Leben. Beim nächsten Mal muss ich wieder „aktiv mitarbeiten“, sagt sie, und das ist auch gut so, denn Massagen allein reichen nicht.
Auf dem Rückweg nieselt es novemberlich, komisch, dabei ist doch schon Dezember, vielleicht ist der gesamte deutsche Schneevorrat für diesen Monat neulich schon in Süddeutschland gefallen, was für eine Verschwendung. Ich wackele mit angenehm weichem Rücken durch den nächsten Supermarkt und besorge ein paar Dinge, stopfe sie in den Rucksack und schnaufe danach bergauf zurück zur Wohnung. Mehrere Liter Milch werden so ganz einfach zum Trainingsgerät, fällt mir auf, nicht schlecht. Beim Heimkommen sehe ich einen kleinen Weihnachtsschuh, der steht bei den Nachbarn seit Tagen vor der Tür. Da will man auf Nummer sicher gehen.
Zu Hause bin ich überraschend erledigt, nicke auf dem Sofa ein und denke vorher noch, was für ein Luxus es ist, sich diese Freiheit einfach nehmen zu können. Nach dem Abendessen gibt es Pralinen, die der Nikolaus hier versehentlich zu früh abgeladen hat, aber wer wäre ich, ihm das zum Vorwurf zu machen? Dafür stelle ich nachher auch keinen Schuh raus.